Vor ein paar Tagen habe ich ein Waldstück besucht, das mir vor ein paar Jahren mit der Entscheidung, die Stadt zu verlassen, geholfen hat. Es ist versteckt, unbekannt, auf einem Bergkamm gelegen. Der Weg dorthin führt etwa eine Stunde lang durch ein enges Tal, einen Berg hinauf, vorbei an Aussichten ins Hochgebirge und auf eine Burgruine aus dem 12. Jahrhundert. Eigentlich nicht weit weg vom Hauptverkehr aber trotzdem vom Gefühl her sehr weit entfernt.
In den Jahren habe ich dort Gämsen beobachtet, Raben haben mich beobachtet und eine gute Menge Rehwild und Wildschweine nennt diesen Wald Zuhause. Alte Bäume, überwuchert mit Pilzen, eine Mischung aus Nadel- und Laubwald, riesige Moosflächen und absolute Stille.


In den letzten 24 Monaten war ich nur selten dort. Eine Vorahnung hatte in mir Halt gefunden, inspiriert von den Gegebenheiten am Fuß des Berges und den Erfahrungen aus den letzten Jahren.
Vor ein paar Tagen war ich wieder dort. Mein Gefühl war richtig, der Wald wurde zerstört. Jemand ist mit schwerem Gerät hinein, hat die Bäume abgeerntet, den Boden mit den Panzerraupen der Maschine aufgerissen und eine Spur totaler Zerstörung hinterlassen. Es fühlt sich sonderbar an. Der Wald wirkte, als würde ihn niemand kennen, wie ein kleines abgelegenes Stück der Welt, das ungestört, ignoriert und nur von mir entdeckt vor sich dahinexistieren kann. Es war leise dort.


Das Umherwandern und Erkunden der Umgebung, hat immer wieder diesen tragischen Beigeschmack. Ich habe diese Schockmomente schon oft erlebt und werde sie wahrscheinlich nicht zum letzten Mal durchlebt haben. Wenn man sich an Orten bewegt, die einem nicht gehören und deren Schicksal man nicht beeinflussen kann, muss man lernen, den aktuellen Zustand und das Jetzt zu schätzen. Diese Orte sind vergänglich und können noch am gleichen Tag verschwunden sein.


Bilder davon erspare ich Ihnen und auch mir. Der Moment war schrecklich genug, um ihn nur ein einziges Mal zu erleben, und so widme ich den heutigen Eintrag der Erinnerung an einen Wald, der mir in manchen Situationen eine Perspektive und ein Ziel gegeben hat, einem Wald, den ich vor Jahren durch einen Zufall entdeckt habe, in dem ich seither Unmengen an Zeit verbracht und das Stillsein gelernt habe.

Die folgenden Bilder stammen von einer Wanderung im Sommer 2024 und so weit ich mir erinnern kann, sind das die letzten, die ich dort gemacht habe.

Quirin VinthurSteiermark, Österreich22. August 2025